In Deutschland sind nach Schätzungen der Deutschen Tinnitus-Liga rund 2,7 Millionen Menschen von Tinnitus betroffen. Das ständige Piepen oder Rauschen im Ohr kann für Betroffene eine enorme Belastung darstellen. Häufig werden die Stresssymptome provisorisch mit alternativen Methoden behandelt. Denn bisher gab es keine leitlinienbasierte Tinnitustherapie, die auch niedrigschwellig zugänglich ist – bis jetzt!
Stress und Tinnitus – ein Teufelskreis
Stress und Tinnitus verstärken sich gegenseitig. Deshalb lohnt sich bei Patient*innen, die mit Tinnitus in die HNO-Praxis kommen, immer auch ein Blick auf die psychische Verfassung. In einer Studie der Universitätsklinik Mainz, die auf den Daten der letzten Erhebung der Gutenberg-Gesundheitsstudie basiert, konnte beispielsweise ein signifikanter Zusammenhang zwischen Tinnitus und psychischen Erkrankungen wie Angststörungen und Depressionen nachgewiesen werden.
Da Tinnitus selbst ein Stressfaktor sein kann, entsteht schnell ein Teufelskreis. Je mehr sich Betroffene über die Ohrgeräusche ärgern, desto störender werden sie. In solchen Fällen ist nicht das grundsätzlich gesunde Ohr das Problem, sondern die Verarbeitung der Geräusche im Gehirn. Besonders wichtig ist die unbewusste Bewertung im limbischen Nervensystem. Erst wenn dieses System den Tinnitus nicht mehr als bedrohlich und unwichtig einstuft, kann er verschwinden. Wo können HNO-Ärzt*innen also ansetzen?
Tinnitustherapie in der Praxis
Da der Leidensdruck vor allem durch unterbewusste Prozesse im Gehirn entsteht, die den Tinnitus als Gefahr einstufen, empfiehlt die S3-Leitlinie eine kognitive Verhaltenstherapie. Denn nur die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) hat eine 1a-Evidenz in der Therapie des chronischen Tinnitus. Das Problem: Bisher war die Verordnung einer KVT bei Tinnitus nicht möglich, da einerseits nicht genügend Therapieplätze bei Psychotherapeut*innen zur Verfügung standen und andererseits für die Verordnung eine F-Diagnose für eine psychische Erkrankung zwingend erforderlich war.
Kognitive Verhaltenstherapie per App
Das ändert sich: Die Digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) Kalmeda bietet eine komplette kognitive Verhaltenstherapie als App an, die sowohl evidenzbasiert als auch leicht zugänglich ist. Die Wirksamkeit wurde in einer randomisierten, klinischen Studie nachgewiesen. In der kürzlich veröffentlichten Studie ergab sich bereits nach drei Monaten Therapiedauer eine hoch signifikante Verbesserung der Tinnitusbelastung bei den Nutzer*innen der App gegenüber der Vergleichsgruppe. Als DiGA können HNO-Ärzt*innen die App budgetneutral und zuzahlungsfrei für die Betroffenen verordnen. Für die gesamte Therapiedauer von einem Jahr müssen insgesamt vier Rezepte ausgestellt werden.
DiGA als neue Standardtherapie?
Die richtige Therapie für Patient*innen mit chronischen Tinnitus zu finden, war bislang mit vielen Umwegen verbunden. Die digitale kognitive Verhaltenstherapie schließt diese eklatante Versorgungslücke. Mit der dauerhaft zugelassenen DiGA Kalmeda können wir die kognitive Verhaltenstherapie unseren Tinnituspatient*innen jetzt jedoch leicht zugänglich machen. Weitere Tipps zur Diagnostik, Beratung und Therapie erhalten HNOnet-Mitglieder in unserem Konsenspapier zur Tinnitustherapie in der Praxis.
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