Etwa 16 Prozent der Deutschen sind von einer Innenohrschwerhörigkeit betroffen. Eine der möglichen Ursachen ist ein Hörsturz. Dieser betrifft rund 150.000 Menschen in Deutschland jedes Jahr. Die Schwierigkeit: Der Hörsturz tritt oft unerwartet und ohne klare Ursache auf. Der plötzliche Hörverlust betrifft nur ein Ohr und kann von Symptomen wie Tinnitus und Schwindel begleitet werden. Die bisherige Standardtherapie für Hörsturz umfasst die hochdosierte Gabe von entzündungshemmenden Glukokortikoiden, die dem körpereigenen Kortison ähneln. Doch neue Studienergebnisse lassen Zweifel an der Wirksamkeit aufkommen.
Die HODOKORT-Studie: Hochdosis versus Standardtherapie
Eine überraschende Wende in der Hörsturztherapie mit hochdosierten Medikamenten bringt eine kürzlich durchgeführte Studie des Universitätsklinikums Halle. Die multizentrische Studie umfasste 325 Patient*innen, die in drei Gruppen aufgeteilt wurden. Die erste Gruppe erhielt die Standardtherapie, während die beiden anderen Gruppen mit höheren Dosen verschiedener Steroide behandelt wurden. Überraschenderweise zeigte sich nach 30 Tagen keine signifikante Verbesserung der Hörschwelle in den beiden Gruppen mit höherer Dosierung im Vergleich zur Standardtherapie.
Hochdosierte Steroide: Wenig Nutzen, mehr Nebenwirkungen
Die bisher als effektiv geltende hochdosierte Prednisolongabe hat sich laut der Studie als nicht überlegen gegenüber der Standardtherapie erwiesen. Im Gegenteil: Es traten mehr Nebenwirkungen auf, darunter erhöhte Blutzuckerwerte und eine Verschlechterung des Bluthochdrucks. Die Ergebnisse lassen daher nicht nur Zweifel an der Wirksamkeit, sondern auch an der Verträglichkeit der Hochdosistherapie aufkommen.
Kritische Reflexion: Neue Therapieansätze nötig
Trotz jahrzehntelanger Anwendung der hochdosierten Glukokortikoidtherapie gibt es laut Studienleiter Prof. Dr. Stefan Plontke keinen belastbaren wissenschaftlichen Beweis für deren Wirksamkeit. Die Tatsache, dass 60 Prozent der Patient*innen in der Standardtherapiegruppe nach 30 Tagen keine vollständige Besserung zeigten, verdeutlicht die dringende Notwendigkeit neuer therapeutischer Ansätze für den Hörsturz. Die Suche nach spezifischen Medikamenten zur Behandlung des Hörsturzes bleibt eine Herausforderung und die aktuellen Studienergebnisse könnten den Weg für neue Therapieansätze ebnen.
Forschungsbedarf in der Hörsturztherapie
Die aktuellen Studienergebnisse werfen nicht nur Fragen nach der Wirksamkeit der Hörsturztherapie auf, sondern verdeutlichen auch den Mangel an spezifischen Medikamenten für diese Erkrankung. Prof. Dr. Stephan Lang, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e.V., unterstreicht die Dringlichkeit weiterer Forschung und betont die Notwendigkeit belastbarer Daten, um Hörsturzpatient*innen effektiv behandeln zu können. Insgesamt zeigt die HODOKORT-Studie, dass es an der Zeit ist, die bisherige Hörsturztherapie zu überdenken und nach innovativen Lösungen zu suchen, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
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