Immer mehr Krebsfälle im Mund- und Rachenraum werden nicht nur durch Rauchen und Alkoholkonsum, sondern auch durch Humane Papillomaviren (HPV) verursacht. Erfahren Sie alles über die neuesten Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie aus der S3-Leitlinie zum Oro- und Hypopharynxkarzinom sowie über relevante Wahlleistungen in der HNO-Praxis.
Jedes Jahr erkranken in Deutschland etwa 15.000 Menschen neu an einem bösartigen Tumor im Mundrachenraum (Oropharynxkarzinom). Weitere 1.300 Menschen sind vom sogenannten Hypopharynxkarzinom im unteren Rachenbereich betroffen. Interessanterweise hat die Inzidenz des Oropharynxkarzinoms in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen, während die Zahl der Hypopharynxkarzinome eher stagniert oder zurückgeht. Es wird davon ausgegangen, dass mindestens 45 % der Oropharynxkarzinome inzwischen HPV-assoziiert sind. Da viele der betroffenen Patient*innen um die 60 Jahre alt sind und oft nicht gegen HPV geimpft wurden, ist nicht mit einem Rückgang dieser Zahlen vor 2045 zu rechnen.
Die Hauptrisikofaktoren für Mund- und Rachenkrebs sind nach wie vor chronisches Rauchen und regelmäßiger Alkoholkonsum, seltener auch Ernährungsgewohnheiten. Allerdings rückt eine zusätzliche Ursache immer mehr in den Fokus: HPV, speziell der Typ HPV-16, kann durch Sexualkontakte übertragen werden und erhöht das Risiko für Karzinome in Mund und Rachen erheblich. Oft tritt HPV in Kombination mit anderen Risikofaktoren wie Rauchen und Alkohol auf. Fachärzt*innen sprechen dabei inzwischen von einer Subgruppe von Tumoren, die unterschiedlich behandelt und bewertet werden sollte.
Die S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie, Prävention und Nachsorge des Oro- und Hypopharynxkarzinoms bietet HNO-Ärzt*innen nach aktuellem Wissen gebündelte Handlungsempfehlungen für die Diagnostik und Therapie. Laut Leitlinie wird eine fachärztliche Untersuchung bei folgenden Beschwerden, die länger als vier Wochen anhalten, empfohlen:
• Blutbeimengungen im Speichel
• Heiserkeit
• Schwierigkeiten beim Sprechen und Atmen
• Anhaltendes, speziell einseitiges Fremdkörpergefühl
• ins Ohr ausstrahlende Schmerzen
• unklares Bluthusten
• Schluckstörungen und/ oder Schmerzen beim Schlucken
• Schwellung am Hals
• Mundgeruch
Werden eines oder mehrere dieser Symptome länger als vier Wochen beobachtet, empfiehlt die Leitlinie eine endoskopische Untersuchung des Rachen- und Mundraums. Da besonders bei Oropharynxkarzinomen HPV ein wesentlicher Risikofaktor ist, können frühzeitige Tests auf HPV sinnvoll sein. Dazu zählen HNO-ärztliche Bluttests, die eine frühe Erkennung von HPV16-bedingten Krebserkrankungen ermöglichen. Diese können als Wahlleistungen mit Auswertung und Krebsvorsorge mit bis zu 144 € plus Sachkosten vergütet werden. Einen genaueren Überblick erhalten Sie in unserem Wahlleistungskompendium (Seite 20) für HNOnet-Mitglieder. Ebenso HPV-Abstriche im Mund- und Rachenraum sind als Wahlleistung möglich, diese erkennen jedoch nur aktive Infektionen und sind für eine Frühdiagnostik nicht ausreichend. Schnelltests allein sind relativ teuer und können Patient*innen schnell verunsichern, deshalb sollte immer Wert auf eine umfassende Diagnostik gelegt werden.
HPV-positive Karzinome haben in der Regel eine bessere Prognose, weshalb eine Untersuchung auf HPV auch die Therapieentscheidung beeinflussen kann. Die S3-Leitlinie empfiehlt eine interdisziplinär abgestimmte Behandlung in spezialisierten Tumorzentren, die chirurgische, strahlentherapeutische und chemotherapeutische Maßnahmen umfassen. Eine HPV-Impfung nach einer Krebserkrankung wird hingegen nicht empfohlen.
Die Prognose für Patient*innen mit Mund- und Rachenkrebs hängt von verschiedenen Faktoren ab: dem genauen Entstehungsort, der Größe des Tumors, dem HPV-Status und der Ausbreitung in die Lymphgefäße. Generell haben HPV-bedingte Oropharynxkarzinome eine bessere Heilungschance. Eine engmaschige Betreuung wie eine begleitende Tumornachsorge in der HNO-Praxis kann helfen.
Eine frühzeitige Diagnose und ein schneller Behandlungsbeginn sind entscheidend für den Erfolg der Therapie von Mund- und Rachenkrebs. HNO-Ärzt*innen spielen hier eine zentrale Rolle: Sie unterstützen nicht nur bei der Krebsfrüherkennung oder Tumornachsorge, sondern vor allem bei der Krebsvorsorge. Neben Verzicht auf Tabak und Alkohol gehört zur Vorsorge insbesondere die Empfehlung der HPV-Impfung für Mädchen und Jungen im Alter von 9 bis 14 Jahren. Die Impfung ist ein entscheidender Schritt, mit dem wir das Risiko HPV-assoziierter Krebserkrankungen langfristig reduzieren können!
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